Jeder Mensch hat nicht nur Stärken, sondern auch Schwächen. Doch wie gehen wir mit unseren Schwächen um? Sollen wir sie weitgehend ignorieren und uns auf den Ausbau unserer Stärken konzentrieren? Vor allem, wenn es um die Leistung im Beruf geht, sind sich viele Menschen hier unsicher.
Eine simple Wahrheit ist: Kein Mensch kann alle Dinge gleich gut. Selbst wenn Kompetenz- und Potenzialanalysen den Eindruck vermitteln: Ein Top-Mitarbeiter sollte in allen Kompetenzbereichen hervorragend sein. Doch das ist utopisch. Denn es gibt immer Aufgaben, die manche Menschen besser als andere können und die ihnen mehr Energie geben, weil hier ihre Stärken liegen. Also erbringen sie auf diesem Gebiet auch bessere Leistungen. Das bestätigt die Forschung.
Doch was ist mit den Dingen, die wir nicht so gut können. Dürfen wir sie ignorieren? Ja, wenn hierdurch nicht die eigene Leistung – oder die von Mitarbeitern oder Kollegen – signifikant beeinträchtigt wird. Dann ist es sinnvoller, sich auf seine Stärken zu konzentrieren, sie weiter auszubauen und Aufgaben zu übernehmen, bei denen man diese gezielt einsetzen kann. Und was, wenn die Leistung durch die Schwäche beeinträchtigt wird? Dann müssen wir sie managen. Soweit die schlechte Nachricht. Die gute lautet: Es gibt viele Möglichkeiten, Schwächen zu managen. Voraussetzung ist allerdings, dass man weiß, mit welcher Schwäche man es zu tun hat.
Eine Schwäche ist, vereinfacht formuliert, ein Mangel an etwas. Es gibt verschiedene Sorten von Schwächen, deren Mangel auf unterschiedlichen Ursachen beruht. Die Kenntnis dieser Ursachen ist wichtig. Denn, ob es sich lohnt und Erfolg versprechend ist, an einer Schwäche zu arbeiten oder nicht, das hängt im Wesentlichen davon ab, woraus die Schwäche resultiert.
Neben diesen 5 Sorten von Schwächen, die aus einem Mangel resultieren, gibt es noch eine weitere Sorte, nämlich übertrieben eingesetzte Stärken. Im Gegensatz zu den anderen Schwächen hilft es bei der Bewältigung dieser speziellen Schwäche nicht, etwas intensiver zu tun. Es geht vielmehr darum, etwas sein zu lassen oder weniger intensiv zu tun – und das ist nicht so leicht, wie es sich anhört. Häufig fällt uns nicht einmal auf, dass wir eine Stärke überbetonen, weil wir dabei das Gefühl haben, dass uns etwas leicht von der Hand geht. Hilfreich ist in solch einem Fall, sich von Menschen im Umfeld ein Feedback geben zu lassen, das uns zeigen kann, wann es zu viel des Guten ist.
Was tun bei einem Mangel an Kenntnissen? Solche Schwächen lassen sich recht einfach beheben. Wissenslücken lassen sich beseitigen, indem wir entweder eigenständig die nötigen Kenntnisse erwerben oder uns schulen lassen.
Was tun bei einem Mangel an Fertigkeiten? In diesem Fall sollten wir ein neues Verhalten trainieren. Es ist erstaunlich, wozu wir fähig sind, wenn wir unsere Komfortzone verlassen und uns auf neue Tätigkeiten einlassen. Eine vermeintliche Schwäche resultiert oft nur aus einem Mangel an Erfahrung. In Einzelfällen entpuppt sie sich sogar als Stärke.
Was tun bei fehlendem Talent? Auch wenn es sehr schwer ist, diese Schwäche zu beseitigen, gibt es keinen Grund, das Handtuch zu werfen. Wir haben drei Möglichkeiten:
Was tun bei einem Mangel an Motivation? Diese Schwäche lässt sich nur bedingtbeeinflussen. Trotzdem ist es unter Umständen möglich. Angenommen, wir haben für eine Tätigkeit zwar gute Anlagen, sind jedoch nicht motiviert, die nötigen Fähigkeiten auszubauen: Dann sollten wir uns zunächst bewusst machen, wie wir von deren Ausbau profitieren. Zudem sollten wir uns vor Augen führen, mit welchen negativen Konsequenzen wir rechnen müssen, wenn wir nichts ändern. Daraus kann der nötige Antrieb entstehen, unsere Fähigkeiten weiterzuentwickeln.
Was tun bei mangelnder persönlicher Eignung? Am diffizilsten ist es, wenn die Schwäche aus einem Mangel an persönlicher Eignung resultiert. Wenn sie also aus individuellen Eigenschaften der Persönlichkeit herrührt, die sich auch mit intensivem Training kaum verändern lassen. Bei Eignungsschwächen lohnt es sich tatsächlich oft eher, die Schwäche Schwäche sein zu lassen – was dann aber auch bedeuten kann, sich gegebenenfalls sogar beruflich umorientieren zu müssen.
Schwäche ist also keinesfalls gleich Schwäche. Je nach Ursache ist es leichter oder schwerer, angebrachter oder weniger angebracht, die Schwäche zu bearbeiten. Alle Formen haben aber eins gemeinsam: Solange wir sie nicht akzeptieren, können wir sie weder loslassen noch verändern.
Der erste Schritt vor dem Verändern einer Schwäche ist stets, anzuerkennen, dass wir bei einer Sache nicht so stark sind, wie wir es uns wünschen. Die Gestalttherapie nennt dies die „paradoxe Theorie der Veränderung“. Sie besagt: Wir fangen erst an, uns zu verändern, wenn wir erkennen und akzeptieren wie wir sind. In diesem Fall können wir uns auch unseren Schwächen widmen – und in manchen Fällen erfahren wir, dass aus einer Schwäche sogar eine Stärke werden kann.